12. Leguminosendaag zu Lëtzebuerg – Kleinkörnige Leguminosen – Weil Großes im Kleinen entsteht

12. Leguminosendaag zu Lëtzebuerg – Kleinkörnige Leguminosen – Weil Großes im Kleinen entsteht

13/12/2023

Eingeladen wurde in „A Guddesch“ in Beringen, Mersch. Veranstaltet wurde der Leguminosentag vom Institut fir Biologësch Landwirtschaft an Agrarkultur Luxemburg a.s.b.l. (IBLA) als Hybridveranstaltung, d.h. die Teilnehmenden konnten sowohl vor Ort live dabei sein als auch digital teilnehmen.
Kleinkörnige Leguminosen fassen alle Klee- und Luzernearten zusammen. Der Name entspringt ihrem kleinsamigen Saatgut, wodurch sie sich von großkörnigen Leguminosen wie Ackerbohnen und Erbsen abgrenzen.
Claude Felten, Präsident des IBLA, begrüßte alle Teilnehmer und Referenten. Leguminosen seien Klimaschützer, unterstrich er mehrmals, denn sie reduzierten Treibhausgasemissionen, indem sie Stickstoffdünger ersetzten. Die Eigenproduktion von Eiweißen mittels Leguminosen reduziere unsere Abhängigkeit von Sojaimporten aus Südamerika, dies sowohl in der Tierfütterung als auch in der Humanernährung. Deshalb der Aufruf an die Politik, gesellschaftspolitisch erwünschte Praktiken, wie den Anbau von Leguminosen, mit angemessenen Anreizen zu unterstützen. Ziel des Leguminosentags sei es, den Wissenstransfer von neuen Erkenntnissen aus der Forschung über die Beratung zu den LandwirtInnen zu fördern, und Denkanstöße für eine klimafreundliche, nachhaltige Landwirtschaft zu geben.
Dr. Ralf Loges, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, hielt seinen Vortrag zum Thema Futterqualität und ökoeffiziente Fütterung mit kleinkörnigen Leguminosen. Versuchsgut ist der Lindhof, unweit von Kiel an der Ostsee, ein ökologischer Gemischtbetrieb. Dort wird zwei- bis dreijähriges Kleegras als Milchviehweide genutzt. In der Fruchtfolge folgt nach dem in der Regel dreijährigen Kleegras ein Sommergetreide in vierten Anbaujahr und Wintergetreide mit Kleeuntersaat im fünften Anbaujahr. Die Idee sei es die Fruchtfolge so zu gestalten, dass möglichst viel gesundes Grundfutter selbst angebaut werden könne, und dies in einer höchst wirtschaftlichen und nachhaltigen Form. Neben den ökologischen Dienstleistungen der Leguminosen wie der N2-Fixierung aus der Luft als primäre Stickstoffquelle im ökologischen Landbau oder der Humusmehrung seien Kleearten und Luzernen besonders interessant als Tiernahrung. Die Rohproteingehalte von Klee seien höher als bei Ganzpflanzensilagen (Getreide und Leguminosen im Gemenge) oder auch Silomais. Rotklee liefere sehr pansenstabiles Eiweiß mit hoher Pufferkapazität, Luzerne rege nachweislich die Pansenaktivität an. Die kleinkörnigen Leguminosen wiesen zudem hohe natürliche Gehalte an Kalzium und Magnesium auf, wodurch die Verdaulichkeitsrate stiege. Außerdem seien sie sehr schmackhaft. Kühe bevorzugten Klee vor Gras, dies sichere eine hohe Grundfutteraufnahme und die Gesundheit der Milchkühe. Kleegras stelle zudem eine sehr kostengünstige Erzeugungsmöglichkeit für hofeigene proteinreiche Grundfuttermittel dar. Vorteile des Kleegrasanbaus seien daneben die mehrjährige Nutzbarkeit derselben Ansaat, der geringe Pflegeaufwand und hohe Fruchtfolgewert. In Anbetracht des Klimawandels sei die Trockenheitsresistenz von Rotklee und Luzerne als Tiefwurzler hervorzuheben. Kleinkörnige Leguminosen eigneten sich hervorragend zur Beweidung, denn die frischen Aufwüchse zeigten höhere Energiedichten und Rohproteingehalte. Leguminosen stellten die Proteinbasis dar, Silomais als Zusatz kompensiere die fehlende Stärke. So könnten sich auf dem Lindhof Milchleistungen von ca. 7000 kg Milch/Kuh und Jahr im ökologischen Anbau bei Grundfutterkosten von 17 ct/kg Milch durchaus sehen lassen.
Philippe Thirifay, ASTA, stellte die Ergebnisse der Anbauversuche von Futterleguminosen auf den Grünlandstandorten Altrier (Gutland) und Heinerscheid (Ösling) vor. Die Versuche liefen von 2021 bis 2023, es wurden jeweils neun Kleegrasmischungen mit vier Wiederholungen ausgesät. Es wurde der Ertrag erhoben sowie Rohproteingehalt ausgewertet. Der Standort Heinerscheid war für alle Sorten über die drei Jahre ertragsreicher, was auf die höheren Niederschlagsmengen zurückzuführen ist. Der Ertrag wurde jährlich über fünf Grasschnitte aufsummiert. Auffällig ist das Jahr 2023, in dem der vierte und fünfte Schnitt ertragsstärker als der dritte Schnitt war. Grund hierfür war der sehr regenreiche August nach einer langen
Trockenperiode im Frühsommer. Philippe Thirifay empfahl bei der Wahl einer Saatmischung vorzugsweise auf ausgewählte und geprüfte Sorten zurückgreifen, da diese auf die standortspezifischen Gegebenheiten und die Winterfestigkeit geprüft wurden.
Nach der Mittagspause ging es mit dem zweiten Teil des Leguminosentages weiter. Dipl. Ing. Christoph Stumm von der Uni Bonn hielt einen Vortrag zur Optimierung des Nährstoffmanagements im viehlosen Ackerbau durch Düngung mit Futterleguminosensprossen. Auch wenn die viehlose Betriebsform noch nicht sehr häufig ist in Luxemburg, so seien die Erkenntnisse aber nicht weniger interessant. Möchte man den spezialisierten Gemüseanbau in Luxemburg weiter ausbauen, dann sei die innerbetriebliche Humus- und Stickstoffversorgung ohne Wiederkäuer schwierig. Langfristig sollte die Humusbilanz für jeden Betrieb ausgeglichen sein, sonst drohe ein Verlust der Bodenfruchtbarkeit. Die Kulturen mit der höchsten Humusreproduktionsleistung seien die Körnerleguminosen. Es böten sich mehrere Optionen zur Nutzung der Futterleguminosen an: Eine Option ist das Mulchen des Klee/Luzernebestandes als Gründüngung auf der Ansaatfläche zur Humusmehrung. Je nach Schnitttermin variiert das C/N-Verhältnis. Frühe Schnitte bedeuten höhere Stickstoffmengen. Für eine Düngewirkung sollte C/N < 20 anvisiert werden. Nachteil des Mulchens aber sei, dass nach Regenereignissen die Lachgasemissionen, mit einem CO2-Äquivalent von ca. 300 ein relevantes Treibhausgas, stark anstiegen. Ein weiterer Nachteil des Mulchverfahrens auf dem Kleefeld sei verbunden mit dem Verbleib des Stickstoffs auf dem Acker. Steige der Nmin-Gehalt im Oberboden an, reduziere sich die N2-fixierende Leistung der Knöllchenbakterien um bis zu 30%, und dies bedeute leider auch eine Reduzierung der Humusreproduktionsleistung. Futterleguminosen könnten ebenfalls als Futter an viehhaltende Betriebe verkauft werden, dies sollte aber an eine Mistkooperation zur Rückführung der Nährstoffe gebunden sein. Alternativ könne das Erntegut ein eine Biogasanlage verkauft werden. Durch die Rückführung der Gärreste können Nährstoffkreisläufe geschlossen gehalten werden.
Eine andere Möglichkeit, um Nachteile der oben genannten Alternativen zu verringern, sei es die Futterleguminosen schnittgenutzt auf die Gemüseflächen aufzubringen. Der Grünschnitt könne zum einen oberirdisch als Mulchauflage zur effizienten Unkrautbekämpfung aufgebracht werden. Wird das Material jedoch eingearbeitet, kommt es hingegen zu einer schnelleren Mineralisierung und Nährstofffreisetzung. Zudem seien die Lachgasemissionen mit der Einarbeitung des frischen Materials weit reduziert, da auf den Feldern mit eingearbeitetem Material die Lachgaspeaks nach Regen ausblieben. Zu guter Letzt würde eingearbeitetes Grünmaterial wesentlich weniger ausgasen als mineralische Dünger, wie die Messungen auf den Versuchsfeldern der Uni Bonn zeigten. Allerdings solle wie bei jeder Düngung, auch in diesem Fall darauf geachtet werden, dass die Hauptfrucht die zugeführte Stickstoffmenge auch umsetzen könne. Trockene Sommer z.B. verzögerten den Stickstoffumsatz, der Stickstoff verbleibt im Boden und wird nach der Ernte mit dem einsetzenden Regen ausgewaschen. Die Futterleguminosen könnten, neben dem Einsatz als frisches Material, auch siliert werden und als Dünger auf die Gemüsefelder aufgebracht werden, Bröckel- und Silageverluste müssten hingenommen werden. Dies habe den Vorteil, dass im darauffolgenden Jahr das Gemüse schon früh, also vor dem ersten Schnitt, gedüngt werden kann. Allerdings sollten Silagen besonders gut eingearbeitet werden, bei schlechter Zersetzung im Boden könne es sonst zu Keimproblemen des Saatguts im Gemüseanbau kommen. Ein großer Vorteil für den Einstieg in diese Methode besteht darin, dass der Gemüsebauer mittels Lohnunternehmer Vor- und Nachteile für seinen Betrieb ohne Vorstreckung von Investitionskosten testen kann. Nach Aussage von Herrn Stumm hat die Erfahrung gezeigt, dass Systemänderungen von LandwirtInnen nur ausprobiert und angenommen würden, wenn nicht „der halbe Betrieb dafür auf den Kopf gestellt werden müsse“.
Ben Mangen, Berater beim IBLA, präsentierte die Resultate des „Gips-Kalk Power“ Düngeversuchs, der in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaflech Kooperatioun Uewersauer (LAKU) durchgeführt wird. Ziel des Projektes ist es, die Auswirkungen von Schwefel(Gips)- und Kalkdüngern im biologischen und konventionellen Feldfutteranbau und Grünland zu beurteilen. Ermittelte Parameter sind neben Ertrag, Nährstoffgehalte, Leguminosenanteile auch Bodenparameter. Im Zusammenhang mit der
Trinkwasserqualität gilt Letzterem ein besonderes Augenmerk. Im Rahmen der Steigerung der Eiweißautarkie würden vermehrt Futterleguminosen angebaut werden, doch der Rückgang des Anteils der Leguminosen im Grünland stelle allerdings ein Problem dar. Leguminosen haben einen hohen Schwefelbedarf zur Eiweißsynthese und Stickstofffixierung, doch durch Immissionsschutzmaßnahmen seien Schwefeleinträge aus der Industrie seit den letzten Jahrzehnten rückläufig. Kalk verbessere das Bodengefüge, erhöhe den pH-Wert im Boden und verhindere so die Aluminiumtoxizität. Unterhalb eines pH-Wertes von 5 kommt es zu einer verstärkten Mobilisierung von pflanzentoxischen Al3+-Ionen aus dem Austauscher silicatischer Bodenminerale. Mit sinkendem pH-Wert spiele Aluminium eine zunehmende Rolle beim Ionenaustausch und verdränge essentielle Pflanzennährstoffe wie Calcium und Magnesium und bremse das Wurzelwachstum. Der Versuchsaufbau setzt sich aus fünf Standorten (in Kalborn, Tadlermillen und Eschdorf im Ösling und Kahler im Gutland) mit jeweils vier Versuchsstreifen zusammen, einer Gipsdüngung, einer Kalkdüngung, einer Gips-Kalk Mischdüngung, und der Kontrolle ohne Düngung.
Die mit Schwefel resp. Gips gedüngten Varianten zeigten die gewünschten Effekte, doch die Ausprägung der Ergebnisse sei standortspezifisch, da noch andere Faktoren mit einwirken, wie die Bodenart, pH-Werte, Schwefelvorräte, die initiale Bestandszusammensetzung, die vorhandenen Kleearten, die Nährstoffverfügbarkeit usw. Auf den konventionellen Flächen, auf denen auch mit Harnstoffdünger gedüngt wurde, blieb der erhoffte Zuwachs des Futterleguminosen-Anteils aus. Der Effekt von Schwefel auf den Rohproteingehalt und den Ertragszuwachs sei relativ schnell sichtbar, der Zuwachs des Kleeanteils aus den Bioflächen sei dagegen ein langfristiger Prozess. Ein Zusammenhang der Kalkdüngung auf den pH-Wert und den Ertrag bestehe, allerdings siegelte er sich kaum in der Pflanzennährstoff- und Bestandszusammensetzung wider. Somit sei eine Düngung mit Gips und Kalk je nach Standort auszuprobieren.
Dr. Hanna Heidt vom IBLA präsentierte das Projekt Tassili, das federführend von Dr. Kjell Seargent am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST), sowie der Université Reims durchgeführt wird. Finanziert wird dieses Projekt vom Fonds National de la Recherche (FNR). Ziel ist es, Saponine aus Leguminosen zu gewinnen und deren Wirkung als mögliche natürliche Fungizidalternativen zu überprüfen.
Frau Heidt erklärte, Fungizide seien, neben den Herbiziden, die am häufigsten verwendete Pestizidart in der konventionellen Landwirtschaft, doch ihre Anwendung sei nicht ohne Bedenken für Umwelt und Gesundheit. Resistenzen und enge Fruchtfolgen schwächten die Wirkung der aktuellen Fungizide, im Gegenzug müsse die Dosierung erhöht werden. Der Verbrauch steige stetig an, so auch die damit verbundenen Risiken. Dies sei der Ausgangspunkt für die Suche nach neuen, natürlichen Fungizid-Alternativen.
Es habe sich herausgestellt, dass Saponine, seifenartige Inhaltsstoffe von Pflanzen, eine antimykotische Wirkung zeigten, und die Konzentration der Saponine in Leguminosen besonders hoch ist. Ziel des Projektes sei es mittels Saponinextrakten ein natürliches Fungizid zu gewinnen, welches die natürlichen Abwehrmechanismen der Leguminosen gegen Pilzerkrankungen ausnutzt. Für den Versuch baut das IBLA verschiedene Leguminosen an. Das LIST stellt daraus Extrakte her, und testet die einzelnen Extrakte in vitro auf ihre Effizienz. Die erfolgversprechendsten Extrakte würden dann in einer zweiten Phase von der Université de Reims in ihren Gewächshäusern unter reellen Bedingungen, auf mit Pilzkrankheiten infizierten Getreidearten und Weinreben, getestet.
Der diesjährige Leguminosentag konnte wieder ein weites Spektrum an spannenden Themen rund um die Leguminosen abdecken. Genauso wie die Körnerleguminosen, sind die Futterleguminosen, sowohl für viehhaltende als auch viehlose biologischen und konventionellen Betriebe wichtig und interessant. Die Klimaschützer, wie der IBLA Präsident Claude Felten sie ganz zum Anfang der Veranstaltung lobte, sind so vielschichtig und wichtig, sowohl auf mikroskopisch kleiner Ebene, wie auch für die Pflanzen, den Boden, die Tiere und das Klima. Genau aus diesen Gründen ist die IBLA ständig an den frischen
Perspektive aus der facettenreiche Welt der Leguminosen interessiert und widmet sich sowohl in der Beratung der Methoden des Biolandbau als auch in der Forschung dem Thema der Leguminosen.
Das IBLA-Team bedankt sich bei allen TeilnehmerInnen für ihr Interesse und bei den GastrednerInnen für ihr Engagement und die spannenden, informativen Vorträge.